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Difference between revisions of "Konzept zur Gewaltprävention in der Pflege"

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! '''Handbuch Qualitätsmanagement'''
! '''Handbuch Qualitätsmanagement'''


'''Geltungsbereich: Pflege'''
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Kap. A.3.2
Kap. A.3.2.1
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| Konzept zur Gewaltprävention in der Pflege
| Konzept zur Gewaltprävention in der Pflege
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= '''1. Einleitung''' =
'''Hier herunterladen:'''


Eine menschenwürdige Pflege, welche dem Hilfebedürftigen gegenüber von Respekt geprägt ist, ist unser pflegerisches Selbstverständnis.
[https://qm.evang-altenhilfe-lu.de/images/f/f6/A.3.2.1_Konzept_zur_Gewaltpr%C3%A4vention_in_der_Pflege.pdf Konzept zur Gewaltprävention in der Pflege PDF]
 
Pflegerische oder betreuerische Beziehungen basieren auf einem Abhängigkeitsverhältnis und sind dadurch besonders sensibel. Um pflegebedürftige Menschen bzw. Menschen mit Behinderung, aber auch Pflege- und Betreuungskräfte wirkungsvoll vor Gewalt schützen zu können, ist die Durchführung und Begleitung umfassender Maßnahmen zur Prävention, welche u.a. die Besonderheiten von Pflegebedürftigkeit berücksichtigen, in stationären Einrichtungen erforderlich.
 
 
 
Das vorliegende Konzept legt seinen Fokus auf Verfahrensgrundsätze zur Umsetzung einer menschenwürdigen Pflege sowie notwendige organisatorische Rahmenbedingungen zur Prävention, Erkennung, zum Umgang mit und zur Evaluation von Gewaltvorfällen.
 
Ziel ist es, jeden Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, Konflikten und Gewalt professionell zu begegnen und im Rahmen eigener Möglichkeiten zu handeln. Außerdem ist es notwendig, Mitarbeitern den Raum zu geben über Arbeitsbelastungen in einem geschützten Rahmen, z.B. in Form von Supervision zu sprechen.
 
 
 
= '''2. Definitionen und Formen der Gewalt''' =
 
Definitionen zu „Gewalt“: Die WHO hat in ihrem 2001 veröffentlichten World Report on Violence and Health eine detaillierte Typologie von Gewalt vorgelegt, in der Gewalt verstanden wird als:
 
„Der absichtliche Gebrauch von angedrohten oder tatsächlichem körperlichem Zwang oder physischer Macht gegen die eigene oder eine andere Person, gegen eine Gruppe oder Gemeinschaft, der entweder konkret oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen, Tod, psychischen Schäden, Fehlentwicklungen oder Deprivation führt.“ (vgl. Gugel, 2006) Eine Deprivation ist ein Zustand, welcher einen Verlust, eine Entbehrung oder eine Isolation beschreibt.
 
„Unter Gewalt ist eine Handlung, ein Nicht-Handeln oder eine Drohung zu verstehen, die grundlegende menschliche Bedürfnisse (Wohlbefinden, Überleben, persönliche Identität und Freiheit) beeinträchtigen, einschränkt oder deren Befriedigung verhindert.“ (Rolf D. Hirsch)
 
 
 
= '''3. Was ist Gewalt?''' =
 
Folgende Punkte treffen sowohl für den Pflegenden und Betreuenden als auch für den pflegebedürftigen oder betreuten Menschen zu. Alle Beteiligten können demnach sowohl Täter als auch Opfer von Gewalt sein!
 
* Demütigung
** Wer den anderen beschämt, willkürlich beschuldigt, bloßstellt oder sich verachtend verhält, übt Gewalt aus.
* Unzureichende medizinische Versorgung
** Das Übersehen von medizinischen Bedürfnissen, Fehl- und Mangelernährung oder mangelhafte Wundversorgung sind Kennzeichen von ausgeübter Gewalt
* Medikamentenmissbrauch
** Gewalt in einer Pflegebeziehung übt derjenige aus, der Medikamente vorenthält, eine unangemessene oder unnötige Anwendung anordnet oder vornimmt
* Quälen
** Beleidigungen, Einschüchterung und provoziertes Aufregen sind Formen von Gewalt
* Mangelhafte Pflege
** Unzureichende Lagerung, fehlende Ruhe bei der Pflege, schlechte Hygiene und vieles mehr sind vernachlässigende Pflege
* Unterbindung der Selbstbestimmung
** Vorgegebene starre Tagesstrukturen wie zum Beispiel Essenszeiten, Schlafenszeiten, Essenzwang und das Ignorieren von Individualität unterbinden das Selbstbestimmungsrecht und können als Gewalt erlebt werden
* Eingriff in die Privatsphäre
** Wird die Privatsphäre nicht geachtet, stellt das ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar. Ist jemand gezwungen, sein gewohntes Umfeld aufzugeben, wird dieses von den Betroffenen oftmals als Gewalt erlebt
 
 
* Materieller Missbrauch
** Gewalt ist, wenn pflege- oder betreuungsabhängigen Menschen der Zugang zu Verträgen und Eigentum versperrt wird oder wenn mit deren Eigentum nicht sorgfältig umgegangen wird
* Missbrauch von Machtpositionen
** Ausnutzen der eigenen Macht, zum Beispiel im Rahmen von rechtlicher Betreuung oder Bevollmächtigung
* Manipulation
** Jemanden bewusst negativ beeinflussen oder Informationen zurückhalten
* Sexuelle Gewalt
** Verletzung der Intimsphäre, sexuelle Andeutungen oder Übergriffe sind gegenüber allen Beteiligten an der Pflege Gewalt
* Tätlicher Angriff
** wie zum Beispiel Schlagen
 
 
 
= '''4. Aussagen der NANDA (North American Nursing Diagnosis Association, 1999)''' =
 
Die NANDA beschreibt in ihrer Pflegediagnose „Gefahr der Gewalttätigkeit“ folgende Risikofaktoren für Gewalttätigkeit:
 
* In der Vorgeschichte der Bewohner:
** Gewalt gegen andere (Schlagen, Treten, Spucken, Kratzen, Gegenstände werfen, Beißen, Vergewaltigung);
** Gewalt durch Drohungen (verbales Drohen gegen Personen, soziale Drohungen, Schimpfen, Drohbriefe, drohende Gebärden, sexuelle Drohungen);
** gewalttätiges antisoziales Verhalten (Stehlen, ständiges Einfordern von Vorrechten, ständiges Stören von Sitzungen, Nahrungsverweigerung, Medikamentenverweigerung, Nichtbeachten von Hausordnung und Therapieempfehlung);
** indirekte Gewaltausübung (an Kleidern reißen, auf Wände schreiben, auf Boden urinieren, Schreien, Sachbeschädigungen, Türen zuschlagen, sexuelle Belästigungen);
** Gewalt gegen Kinder;
** Gewalt gegen Tiere/Tierquälerei;
** Konfrontation mit Gewalt in der Familie;
** Brandstiftung;
** Alkohol- und/ oder Drogenkonsum.
 
 
 
* In der aktuellen Situation:
** neurologische Störungen (z.B. Schädelhirntrauma, neurologische Befunde)
** kognitive Störungen (z.B. Lernschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsstörungen, vermindertes intellektuelles Funktionieren)
** pränatale und perinatale Komplikationen und/ oder Abweichungen;
** pathologischer Rausch, Intoxikation
** psychotische Symptomatik (Halluzinationen, Wahnideen, unzusammenhängendes Denken)
** Verkehrsdelikte
** suizidales Verhalten
** Impulsivität
** Besitz von Waffen oder anderen gefährlichen Gegenständen oder Zugang dazu
** Körpersprache: gespannte Körperhaltung, geballte Fäuste und geschlossener Kiefer, erhöhte Aktivität, drohende Haltung, Atemlosigkeit
 
 
 
* Anzeichen von Gewalt: Verdachtsfälle können u.a. sein
 
* Bewohner, Angehörige oder Mitarbeiter äußert konkret einen Vorfall
* Bewohner, Angehörige, Mitarbeiter äußern andeutungsweise einen Verdacht
* Bewohner, Angehörige, Mitarbeiter verändern sich in ihrem Verhalten z.B. wirken ängstlich
* Bewohner hat sich auf unerklärlicherweise verletzt und trägt einen Schaden davon z.B. ein Hämatom
 
 
 
 
 
 
 
= '''5. Umsetzung''' =
 
== '''5.1 Organisatorische Rahmenbedingungen''' ==
 
Unter einer gewaltfreien Pflege verstehen wir einen respektvollen Umgang sowie ein menschenwürdiges Miteinander. Unser Ansatz setzt auf Prävention, in dem wir insbesondere unseren Mitarbeiter vermitteln, was Gewalt ist und wo diese beginnt. Unser Ziel ist, durch eine adäquate Aufklärung, Sensibilisierung und Reflexion die Mitarbeiter zu erreichen und Gewalt in der Pflege und Betreuung, frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden.
 
 
 
== '''5.2 Ziele''' ==
 
Die Begegnung eines jeden Bewohners aufgrund seiner Einzigartigkeit mit Respekt und Würde - unabhängig von seiner persönlichen Einstellung, seinem Glauben und seiner Herkunft ist für uns selbstverständlich. Wir sehen unsere Aufgabe darin, stets für ein vertrauensvolles, gewaltfreies und zwischenmenschliches Miteinander zu sorgen.
 
Alle Mitarbeiter, die eine Rolle in der pflegerischen Versorgung und Betreuung eines hilfebedürftigen Menschen spielen, sollen in der Lage sein, Gewalt zu erkennen, nach dem unternehmensweit gültigen Verfahren zu handeln sowie die straf- und/ oder haftungsrechtlichen Konsequenzen bei der Ausübung und/ oder Mithilfe von Gewalt abzuschätzen.
 
 
 
== '''5.3 Maßnahmen zur Prävention und zur Erkennung von Gewalt''' ==
=== '''5.3.1 mitarbeiterbezogene Maßnahmen''' ===
 
Grundsätzlich sind unsere Leitungskräfte mit ihrer Einstellung und ihrem Handeln Mitarbeitern, Bewohnern und Angehörigen gegenüber in der Vorbildfunktion. Das Pflegeleitbild und somit die Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen prägen unser Verständnis von menschenwürdiger und respektvoller Pflege und Betreuung und sind unseren Mitarbeitern bekannt. Gemeinsam mit den Mitarbeitern werden in gefährdeten Pflegesituationen desskalierende Wege aufgezeigt, wie mit Konflikten umgegangen werden kann bzw. deren Entstehung entgegen gewirkt werden kann. Wertschätzende Kommunikation prägt das gesamt Miteinander in unseren Einrichtungen. Unsere Leitungskräfte begleiten Pflegesituationen, die durch herausforderndes Verhalten und Verhaltensauffälligkeiten geprägt sind aktiv.
 
Im Mittelpunkt steht die Stärkung der Teams, die auf vertrauensvoller Zusammenarbeit und einem offenen Umgang insbesondere in schwierigen Situationen basiert.
 
=== '''5.3.2 bewohnerbezogene Maßnahmen''' ===
 
Die Zufriedenheit der Bewohner wird regelmäßig in Pflegevisiten durch die Leitungskräfte erfasst. Des Weiteren ist ein aktives Beschwerdemanagement etabliert. Der Bewohner/ Angehörige hat die Möglichkeit, sich an jede Person seines Vertrauens zu wenden, um Probleme jeglicher Art anzusprechen. Er muss die Gewissheit haben, dass seine Bedürfnisse in wertschätzender Art und Weise bearbeitet werden und nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Im Qualitätsmanagement ist ein tiefergehendes Assessment zur Identifikation und pflegefachlichen Bewertung von Verhaltensauffälligkeiten vorgesehen, das in entsprechenden Pflegesituationen angewendet wird.
 
 
 
=== '''5.3.3 organisatorische Maßnahmen'''===
 
Die Kommunikationsstruktur des Hauses ist so aufgestellt, dass bei Bedarf das Thema menschenwürdige Pflege und Betreuung Berücksichtigung finden. Die Einbindung von Angehörigen und Ärzten erfolgt bei Bedarf im Rahmen von Fallbesprechungen und Veranstaltungen.
 
 
 
= '''6. Maßnahmen bei Verdacht bzw. Auftreten von Gewaltvorfällen in der Pflege und Betreuung''' =
 
Um den Verdacht von Gewalt frühzeitig begegnen zu können, sind die Verantwortlichkeiten Aller im System eindeutig geregelt. Dabei ist unmissverständlich und transparent festgelegt, wer welche Maßnahmen zum Schutz des Hilfebedürftigen ergreift.
 
# Im Falle des Verdachts bzw. des Auftretens von Gewalt, sind sofort die Pflegedienstleitung und die Einrichtungsleitung zu informieren. Beide Leitungskräfte informieren sich umgehend über den Ablauf des Ereignisses.
# Die Einrichtungsleitung hat unverzüglich ein protokolliertes Gespräch mit der Person zu führen, die diesen Verdacht äußert bzw. das Ausüben von Gewalt gesehen oder selbst Gewalt ausgeübt hat.
# Die Einrichtungsleitung legt das weitere Vorgehen fest. Zum Beispiel, ob eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung einer möglichen Schädigung des Bewohners stattfinden muss, bzw. die Polizei einzuschalten ist.
# Die Einrichtungsleitung stellt sicher, dass die Aussage individuell geprüft wird mittels:
#* Kontaktaufnahme mit dem betroffenen Bewohner
#* Durchführung einer Pflegevisite ggf. mit den Angehörigen
#* Befragung weiterer möglicher Betroffener in dem betroffenen Wohnbereich
#* Mitarbeitergespräch, ggf. zuvor in Absprache mit dem Geschäftsführer
# Die Einrichtungsleitung meldet den Verdacht sofort, spätestens aber innerhalb von 12 Stunden an die Geschäftsführung.
# Sollte sich der Verdacht bestätigt haben, sind unmittelbare Maßnahmen zum Schutz des Bewohners bzw. des Mitarbeiters durchzuführen:
#* In Absprache mit der Geschäftsführung werden unverzüglich arbeitsrechtliche Konsequenzen besprochen und eingeleitet ggf. bis hin zu einer. unmittelbare Freistellung des Mitarbeiters vom Dienst.
#* Bei Gewalt gegen einen Bewohner informiert die Einrichtungsleitung unverzüglich die Angehörigen über das Vorkommnis und das weitere Vorgehen, nach Möglichkeit persönlich in der Einrichtung. Die Dokumentation des Gespräches erfolgt mittels eines Gesprächsprotokolls.
#* Es erfolgt eine transparente Kommunikation im Team über das aktuelle Geschehen im Rahmen einer protokollierten Teamsitzung durch die Pflege- und Einrichtungsleitung, ggf. mit dem Qualitätsbeauftragten innerhalb einer Woche. Inwieweit die Transparenz bei Gewalt gegen einen Mitarbeiter stattfindet, sollte individuell, gemeinsam mit dem Betroffenen entschieden werden.
#* Bei Bedarf erfolgt das Angebot einer Supervision in Rücksprache mit der Geschäftsführung.
#* Die Pflegedienstleitung / Wohnbereichsleitung kontaktiert engmaschig (mindestens 1x/ Woche) den betroffenen Bewohner und fragt nach dessen Befinden. Die Dokumentation erfolgt im Pflegebericht.
#* 4 Wochen nach dem Vorfall wird eine erneute Pflegevisite bei dem betroffenen Bewohner durch die Pflegedienstleitung durchgeführt.
#* 4 Wochen nach dem Vorfall findet eine Teamsitzung unter folgender Fragestellung statt:
#**# Was ist geschehen?
#**# Auslösende Faktoren?
#**# Was müssen wir verändern?
#**# Was hat sich seit dem verändert?
#**# Wird weiterführende Hilfe/ Unterstützung benötigt?
#* Bei Weiterbeschäftigung des betreffenden Mitarbeiters: nachvollziehbar enge Begleitung und Kontrolle des Mitarbeiters durch Wohnbereichs-/ Pflegedienstleitung hinsichtlich subjektiver Belastungssituation und korrektem Umgang mit Bewohnern.
 
= '''7. Anlagen: Rechtliche Grundlagen''' =
 
 
 
'''Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - Die Grundrechte'''
 
Art. 2
 
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
 
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
 
 
 
'''Strafgesetzbuch '''
 
<u>Grundlagen der Strafbarkeit</u>
 
'''§ 13 - Begehen durch Unterlassen'''
 
# Wer es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.
 
 
 
<u>Straftaten gegen das Leben</u>
 
'''§ 221 - Aussetzung'''
 
(1) Wer einen Menschen
 
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1.
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in eine hilflose Lage versetzt oder
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2.
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in einer hilflosen Lage im Stich lässt, obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist,
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und ihn dadurch der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
 
 
 
<u>Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit</u>
 
'''§ 223 - Körperverletzung'''
 
(1) Wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
 
 
 
'''§ 224 - Gefährliche Körperverletzung'''
 
(1) Wer die Körperverletzung
 
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1.
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durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
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2.
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mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
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3.
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mittels eines hinterlistigen Überfalls,
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4.
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mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
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5.
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mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
|}
 
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
 
'''§ 225 - Misshandlung von Schutzbefohlenen'''
 
(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die
 
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1.
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seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
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2.
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seinem Hausstand angehört,
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3.
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von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder
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4.
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ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,
|}
 
quält oder roh misshandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.
 
'''§ 226 - Schwere Körperverletzung'''
 
(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person
 
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1.
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das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
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2.
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ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
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3.
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in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
|}
 
so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
 
'''§ 227 - Körperverletzung mit Todesfolge'''
 
* Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
 
'''§ 228 - Einwilligung'''
 
Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.
 
'''§ 229 - Fahrlässige Körperverletzung'''
 
Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
 
'''§ 230 - Strafantrag'''
 
# Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 und die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Stirbt die verletzte Person, so geht bei vorsätzlicher Körperverletzung das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über.
 
 
 
<u>Straftaten gegen die persönliche Freiheit</u>
 
'''§ 239 - Freiheitsberaubung'''
 
(1) Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
 
(2) Der Versuch ist strafbar.
 
(3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
 
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1.
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das Opfer länger als eine Woche der Freiheit beraubt oder
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2.
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durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht.
|}
 
'''§ 240 - Nötigung'''
 
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
 
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
 
 
 
 
 
 
 
<u>Gemeingefährliche Straftaten</u>
 
'''§ 323c - Unterlassene Hilfeleistung'''
 
Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
 
 
 
<u>Strafrechtliche Rechtfertigungen</u>
 
'''§ 32 - Notwehr'''
 
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
 
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
 
'''§ 34 - Rechtfertigender Notstand'''
 
Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.
 
'''§ 228 - Einwilligung'''
 
Wer eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, handelt nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.
 
 
 
'''Bürgerliches Gesetzbuch – zivilrechtliche Grundlagen'''
 
'''§ 823 - Schadensersatzpflicht'''
 
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
 
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
 
 
 
'''§ 831 - Haftung für den Verrichtungsgehilfen'''
 
(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
 
 
 
'''§ 626 - Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund'''
 
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
 
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
 
 
 
'''Sozialgesetzbuch'''
 
'''§ 2 SGB XI Selbstbestimmung'''
 
(1) Die Leistungen der Pflegeversicherung sollen den Pflegebedürftigen helfen, trotz ihres Hilfebedarfs ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Hilfen sind darauf auszurichten, die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen wiederzugewinnen oder zu erhalten.
 
'''§ 11 Rechte und Pflichten der Pflegeeinrichtungen'''
 
(1) Die Pflegeeinrichtungen pflegen, versorgen und betreuen die Pflegebedürftigen, die ihre Leistungen in Anspruch nehmen, entsprechend dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse. Inhalt und Organisation der Leistungen haben eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde zu gewährleisten
 
 
 
'''Literatur:'''
 
* North American Nursing Diagnosis Association, 1999
 
* World Report on Violence and Health, WHO, Genf, 2002
* Prof. Dr. med. Dr. phil. Hirsch, Rolf D., in <u>https://www.deutsche-alzheimer.de/unser-service/archiv-alzheimer-info/gewalt-in-der-pflege.html</u> [Abruf: 03.06.2016]
* Günther Gugel, Gewalt und Gewaltprävention - Grundfragen, Grundlagen, Ansätze und Handlungsfelder von Gewaltprävention und ihre Bedeutung für Entwicklungs-zusammenarbeit, Sektorvorhaben Bildung und Konfliktbearbeitung , Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, Institut für Friedenspädagogik Tübingen e. V., 2006
* Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
* Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland
* Sozialgesetzbuch XI – Soziale Pflegeversicherung
 
 
 
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Freigabe GF
|
Geprüft ZHL
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Bearbeiter
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Version
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Datum
|
Seite
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|
Frau Busch
|
Herr Sauder
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QMB
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2.0
|
September 2018
|
Seite 16 von 16
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