Konzept zur Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen
From
|
Handbuch Qualitätsmanagement
Geltungsbereich: Pflege |
Pflege
Kap. A.3.3 |
|---|---|---|
| Konzept Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen |
1. Definition
Freiheitseinschränkende Maßnahmen (FeM) sind solche, die die körperliche Bewegungsfreiheit einschränken und die nicht vom Betroffenen selbständig entfernt werden können und/oder den Zugriff auf den eigenen Körper verhindern. Derartige Maßnahmen können sein:
- Fixieren mit geeigneten Gurten an Stuhl, Rollstuhl, Bett
- Anbringen von durchgehenden Bettgittern
- Gabe von Psychopharmaka, soweit sie die Mobilität und das Bewusstsein beeinträchtigen.
- Versperren von Türen und Laufwegen (z.B. Anbringen von Trick-/Zahlenschlössern)
- Anbringen von Bremsen bei Pflegehilfsmitteln (z.B. Arretieren des Rollstuhls)
- Anbringen von Signalgebern in Kleidungsstücken, die beim Verlassen der Einrichtung Alarm auslösen i.V.m. Zurückhalten im Wohnbereich, an der Pforte
- Wegnehmen von Kleidung
- Ausüben psychischen Drucks in jeder Form (z.B. Verbote, Drohungen)
Der Gesetzgeber definiert FeM folgendermaßen:
Freiheitseinschränkende Maßnahmen stellen jegliche Eingriffe in die Fortbewegungsfreiheit laut Art.2 Abs2 GG (Freiheit der Person) dar, auch solche, die nicht als Freiheitsentziehung zu verstehen sind.
Freiheitsentziehende Maßnahmen sind solche, die zu einem dauerhaften oder zeitlich begrenzten Ausschluss der körperlichen Bewegungsfreiheit führen und eine gewisse Intensität aufweisen (Art 104 GG), die v.a. zeitliche (kürzer oder länger als 24 Stunden) und räumliche Komponenten meint. Weiterhin werden hier vom Gesetzgeber die Unterbringung (§ 1906, Abs.1 BGB) und unterbringungsähnliche Maßnahmen (§ 1906 Abs.4 BGB) unterschieden.
Freiheitsbeschränkende Maßnahmen meinen Eingriffe in die Bewegungsfreiheit mit geringer Intensität und Dauer, die nicht als freiheitsentziehende Maßnahmen zu bewerten sind, also beispielsweise auch solche, die den Bewegungsdrang von Betroffenen in eine bestimmte Richtung lenken.
Freiheitsberaubung liegt gemäß § 239 StGB vor, wenn ein Mensch eingesperrt oder auf andere Weise des Gebrauchs seiner persönlichen (Bewegungs-)Freiheit beraubt wird. Dieser Tatbestand liegt bei Einwilligung oder einem rechtfertigendem Notstand nicht vor.
Nach § 34 StGB liegt ein rechtfertigender Notstand vor, wenn in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden.
2. Grundsätze
- FeM sind nur zulässig, wenn die Verletzungsgefahr über die altersgemäße Gefährdung hinausgeht, da folgende Risiken für die Betroffenen beträchtlich sind:
- Verlust an Lebensqualität durch Auswirkung auf Kontrolle, Freiheit, Autonomie, Würde, Identität des Bewohners
- Physische und psychische Verschlechterungen des Gesundheitszustands z.B. Rückzugsverhalten, Muskelabbau, Kontrakturen, Thrombosen, Pneumonie, depressive Verstimmung, Dekubitus, Unruhe, Agitiertheit, Verletzungen, Immobilisierung, verstärkte Verhaltensauffälligkeiten
- nach außen gerichtete Verhaltensweisen; gut beobachtbar: Ärger, Aggressionen, verstärkte Unruhe, erhöhtes Sturzrisiko
- nach innen gerichtete Verhaltensweisen; weniger beobachtbar: depressive Gefühle, Scham, Stress
- FeM sind nur dann angebracht, wenn alle anderen Möglichkeiten versucht wurden und
keinen Erfolg hatten. Es gibt also wenige Situationen, in denen FeM durchgeführt werden dürfen:
- Gefahr für die eigene Gesundheit des Betroffenen
- Bewegungs-/Haltungsstörungen, bei denen mit Sturzgefahr und hohem Verletzungsrisiko zu rechnen ist (z.B. Störungen des Gangbilds, Gleichgewichtsstörungen)
- Gesundheitsgefahr (z.B. Gefahr durch Entfernung von Infusionen, der Betroffene eine notwendige therapeutische Maßnahme durch motorische Unruhe verhindert, der Gesundheitszustand des Betroffenen eine übermäßige motorische Unruhe nicht zulässt)
- FeM dürfen nur bei vorliegender richterlicher Genehmigung in Verbindung mit der
Anordnung des für die Maßnahme Verantwortlichen (i.d.R. gesetzlicher Betreuer) oder Zustimmung des/der einwilligungsfähigen Betroffenen angewandt werden. Wenn es weder Betreuer noch Bevollmächtigte gibt, unterrichtet die Einrichtung das Vormundschaftsgericht von der Notwendigkeit einer FeM.
- Die FeM ist stets zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Das Vormundschaftsgericht ist hierüber in Kenntnis zu setzen.
- Beim Einsatz von Fixierungshilfen sind die Produktinformationen zu beachten.
- Liegt keine richterliche Genehmigung oder eine Einwilligung des Betroffenen für eine FeM vor, bildet der rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB) die Ausnahme. Ein rechtfertigender Notstand liegt vor, wenn FeM zur Abwehr einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben und Körper notwendig sind und das dadurch geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Sachverhalt und ergriffene Maßnahmen sind konkret zu dokumentieren. Eine richterliche Genehmigung ist spätestens am Tag nach Beginn der FeM herbeizuführen.
- Selbstgefährdung: Eine akute Selbstgefährdung liegt vor, wenn sich der Gesundheitszustand plötzlich verschlechtert, z.B. Zustand nach einer Operation oder Vergleichbares. Im Vordergrund steht hier der Schutz des Betroffenen, der unter Umständen ein sofortiges Handeln erfordert. Verhinderung von lebensgefährlichen Verletzungen bei großer Unruhe oder Verwirrtheit. Pflegedienstleitung, Betreuer und Hausarzt, ggf. ärztlicher Bereitschaftsdienst am Wochenende, müssen umgehend informiert werden.
- Fremdgefährdung: Übt ein Betroffener Gewaltanwendung oder ihre Androhung beispielsweise gegenüber Mitbewohnern aus, liegt eine Fremdgefährdung vor. Der Bewohner gefährdet dann andere. In einem solchen Fall sind Pflegende berechtigt, Notwehr zu leisten (§32 StGB). Jeder hat unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, einen anderen Menschen zu fixieren, ohne dass er sich dadurch strafbar macht. Nach § 34 StGB kann es auch gerechtfertigt sein, einen Bewohner vorübergehend zu fixieren, wenn er beispielsweise Mitbewohner in einer Weise bedroht, die anders nicht abzuwenden ist. Es ist dann umgehend eine Betreuung einzurichten. Wenn pflegefachliche Maßnahmen zur Entspannung der Situation nicht ausreichen, ist die Polizei bzw. das Ordnungsamt über die PDL hinzuzuziehen und eine Einweisung nach PsychKG (Zwangseinweisung) anzustreben.
- Da die fachlich-wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem grundrechtssensiblen Bereich über den Inhalt der Regelausbildung hinausgehen, werden alle Mitarbeiter jährlich und bei Veränderungen der gesetzlichen und/oder fachlichen Vorgaben zum Thema „Vermeidung von FeM“ und „korrekte Durchführung von FeM“ geschult.
3. Risiken Freiheitsentziehender Maßnahmen
Unter anderem können die nachfolgenden unerwünschten Wirkungen
auftreten:
• Vermehrte Immobilität
• Gelenkversteifungen
• Verletzungen (z.B. Sturz über das Bettgitter)
• Druckgeschwüre
• Depression und Aggression
• Psychischer Stress
• Tod (in seltenen Fällen)
Das sollten beruflich Pflegende wissen:
Frage 1: Verändern FEM die Mobilität oder die Sicherheit der Bewohner?
Antwort:
- Die Beeinträchtigung der Mobilität während der Anwendung ist offensichtlich
- auch eine zeitweilige oder nachhaltige Beeinträchtigung der Gehfähigkeit nach Beendigung der FEM ist möglich
Frage 2: Verändern FEM die Mobilität oder die Sicherheit der Bewohner?
Antwort:
- Keine Reduktion der Agitation
- Reduziertes Sozialverhalten
- Vermehrte Desorientierung
- Höhere Abhängigkeit in den Aktivitäten des täglichen Lebens
- Höhere Inkontinenzrate
- Höhere Dekubitusrate
Frage 3: Folgen einer Reduktion von FEM auf die Mobilität oder die Sicherheit der Bewohner?
Antwort:
- Nicht mehr Stürze!
- Nicht mehr sturzbedingte Verletzungen!
Frage 4: Kommen durch FeM wirklich Bewohner zu Schaden?
Antwort: es sind seltene schwere Komplikationen von FEM dokumentiert:
Strangulation durch Bettgitter
- USA (1985-1999): 371 schwere Unfälle (228 mit Todesfolge)
- UK (1995-2000): 15 Todesfälle
- Deutschland: Fallberichte über Todesfälle im Zusammenhang mit
mechanischer Fixierung
4. Ziele
- Abwendung bzw. Minimierung von Selbst- und/oder Fremdgefährdung unter größtmöglicher Wahrung des Freiheitsanspruches der Bewohner
- Individuelle Lösungen zur bestmöglichen Sicherheit und Freiheit der Bewohner
- Bewohner akzeptiert Sicherheitsmaßnahme
- Achtung der Würde der Bewohner und Sorge für deren Wohlergehen
- Juristische Absicherung der Mitarbeiter
5. Durchführung und Überprüfung
Bevor FeM beantragt werden, sind alle anderen Möglichkeiten zu überprüfen und in Abstimmung mit dem Bewohner auszuprobieren:
Der Pflegefachkraft obliegt die Steuerung des Pflegeprozesses, einschließlich Überlegungen im multiprofessionellen Team (Pflege, Soziale Betreuung, Ärzte, Apotheker, Verfahrenspfleger, etc.) welche Maßnahmen zur Vermeidung von FeM für den jeweiligen Bewohner in Frage kommen, ausprobiert und angewandt werden sollen, einschließlich der Überprüfung der Wirksamkeit. In individuell, durch die Bezugsfachkraft, festgelegten Intervallen, wird die Sinnhaftigkeit der FEM, in Fallgesprächen oder Pflegevisiten, evaluiert. Die PDL oder EL ist bei der Überprüfung der Wirksamkeit von FEM einzubeziehen.
5.1 Beratung und Fallbesprechung
- Risiken und Auswirkungen von FeM
- Möglichkeiten zur Vermeidung FeM
- Wünsche Angehörige/Betreuer ordnen sich unter Willen des Bewohners
5.2 Vor dem Einsatz FeM sind folgende Fragen zu beantworten:
1. Welches Problem führt zur Überlegung, eine FeM anzuwenden?
2. Liegt das Problem bei dem betroffenen Bewohner oder im Umgang der Pflegenden mit dem Verhalten der Person?
3. Welche Hinweise auf Ursachen können aus der Biographie, Gesprächen mit Angehörigen und Beobachtungen gewonnen werden?
5.3 Maßnahmen, die FeM vermeiden können
Beobachtung des Verhaltens und Abklärung der ärztlichen und pflegerischen Diagnosen
- Gründe für nächtliche Unruhe ermitteln: z.B. Blutzuckerabfall, Hunger, Frieren/Schwitzen, Geräusche in der Umgebung, Harndrang, traumatische Erlebnisse
- Beobachtung des Verhaltens zu unterschiedlichen Tageszeiten
- Beschreibung und Dokumentation des Verhaltens
- Ist das Verhalten aufgrund früherer Verhaltensmuster erklärbar?
- Beobachtung der Wirkung und Nebenwirkungen der Medikamente (insbes. Psychopharmaka näher benennen)
Unterstützung durch Angebote der Mitarbeiter der Sozialen Betreuung, Angehörige, Ehrenamtliche Mitarbeiter
- Angebote zur Bewegung und Kräftigung: z.B. Spazierengehen, Gymnastik, Tanz, Kraft
Balanceübungen, Gehübungen, bei Bewohnern mit Hinlauftendenz den Besuch des Ortes ermöglichen
- Angebote in den Nachmittags- und Abendstunden: z.B. Nachtcafè, Spieleabende, Kino in der Einrichtung, Besuchsdienst
- Tagesstrukturierung: z.B. Tag-/Nachtlicht berücksichtigen, möglichst nicht durch künstliche Beleuchtung verändern, vertraute Abläufe
Umfeldgestaltung
- beruhigende und ablenkende Beschäftigungs-/Gesprächsmöglichkeiten: z.B.
- Entspannungsübungen, validierende Gespräche, Malen, Lesen,
- Hut, Mantel, Schuhe so aufbewahren, dass Sie dem Bewohner nicht gleich ins Auge fallen
- beruhigende Umfeldgestaltung: z.B. basalen Stimulation und Aromapflege
- Orientierungshilfen und Präsenz von Ansprechpartnern: z.B. Berücksichtigung von Tag-Nachtlicht, Beschilderung im Haus/ in der Wohngruppe, Mitarbeiter sind in der Wohngruppe sichtbar
- Vertraute und sichere Umgebung für den Bewohner: z.B. Zimmer mit persönlich
bedeutsamen Gegenständen ausstatten, Wohngruppe mit „Wiederkennungswert“ gestalten, Beleuchtung verbessern
Einbindung in den Alltag
- Mitarbeiter nehmen die Bewohner mit hohem Bewegungsdrang bei kleinen Botengängen mit
- Mitarbeiter binden Bewohner in hauswirtschaftliche Tätigkeiten ein z.B. Tisch decken,
abdecken
- Angehörige unterstützen die Betreuung, z.B. mit Nachtwache am Bett, um FeM zu
verhindern
Einsatz von Hilfsmitteln
- Hilfsmittel im Wohnbereich, Haus z.B. Bewegungsmelder an den Türen informieren die
Mitarbeiter rechtzeitig, Sensormatten etc.
5.4 Rechtliche Voraussetzungen
Vier verschiedene Arten FeM sind rechtlich möglich:
A. Selbst einwilligungsfähige Betroffene: keine richterliche Genehmigung, aber schriftliche Einwilligung des/der Betroffenen. Grundsätzlich entscheidet der Betroffene selbst über die Anwendung, Dauer und Beendigung von freiheitsentziehenden Maßnahmen. Dazu muss er in der Lage sein, den Sinn und Zweck der freiheitsentziehenden Maßnahmen zu verstehen (es genügt die natürliche Einsichtsfähigkeit). Bei Zweifeln ist ein ärztliches Attest einzuholen.
B. Nicht einwilligungsfähige und bewegungsunfähige Betroffene: keine richterliche Genehmigung, aber ärztliches Attest über die Bewegungsunfähigkeit. Keine freiheitsentziehende Maßnahme ist bei Bewegungsunfähigkeit des Betroffenen z.B. ein Bettgitter, das ausschließlich dem Schutz vor Stürzen aus dem Bett bei ungesteuerten und unwillkürlichen Bewegungen dienen soll.
Hierzu ist ein zwar kein ärztliches Attest erforderlich, das die Bewegungsunfähigkeit des Betroffenen bestätigt, aber diese muss aus der Informationssammlung oder Pflege- und Betreuungsplanung erkennbar sein).
C. Nicht einwilligungsfähige aber bewegungsfähige Betroffene: nur mit richterlicher Genehmigung
Sofern die Prüfung der Punkte A und B eine rechtliche Genehmigung von freiheitsentziehenden Maßnahmen erforderlich macht, ist der befugte Vertreter (d.h. gesetzlicher Betreuer oder wirksamer Bevollmächtigter) zwingend einzubinden.
Bei Betreuern ist zu berücksichtigen, dass der entsprechende Wirkungskreis zugeteilt ist, bei Bevollmächtigten ist es erforderlich, dass die Vollmacht ausdrücklich die Anordnung freiheitsentziehender Maßnahmen enthält. Die gesetzlichen Vertreter haben jedoch die Anordnung freiheitsentziehender Maßnahmen gerichtlich genehmigen zu lassen.
Bei Fehlen des Vertreters oder des entsprechenden Wirkungskreises ist das Gericht zu informieren, welches bei Entscheidung über die Genehmigung automatisch eine Betreuung oder den entsprechenden Wirkungskreis einrichtet.
Das Gericht legt den äußeren Rahmen der freiheitsentziehenden Maßnahmen fest. Innerhalb dieses Rahmens ordnet der/die gesetzliche Vertreter schriftlich das genaue freiheitsentziehende Maßnahmenverfahren (Zeiten, Mittel) an.
D. Akute Gefährdungssituation: keine richterliche Genehmigung, sorgfältige Dokumentation und Prüfung von Alternativen. Bei Gefahr im Verzug (akute Selbstgefährdung) muss das Pflegepersonal selbstverantwortlich handeln und über freiheitsentziehende Maßnahmen bis zu 24 Stunden selbst entscheiden.
Ein Beschluss des Vormundschaftsgerichts ist dazu nicht erforderlich. Bei anhaltender Selbst- oder Fremdgefährdung über einen Zeitraum von länger als 24 Stunden oder im wiederholten Fall ist ein Beschluss des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Dann gilt das Verfahren unter C
5.5 Hinweise zur Durchführung einer FeM
Bei der Durchführung jeder FeM ist Folgendes zu berücksichtigen:
- Als FeM gilt nicht nur die im Folgenden explizit beschriebene Gurtfixierung, sondern auch verschiedene weitere Maßnahmen, (vgl. Punkt Definition).
- Aufnahme in die Maßnahmenplanung
- Die Durchführung ist zu dokumentieren, in den Fällen C. und D. ist immer ein Fixierungsprotokoll mit Art, Beginn und Ende der Maßnahme zu führen.
- Bewohner über geplante Maßnahme ausführlich informieren und begründen
- Es sollten nur so viele Pflegende wie nötig an der Fixierung beteiligt sein, weil zu viele Personen den Bewohner verunsichern
- Der Vorgang der Fixierung soll ruhig und zügig ablaufen
- Jegliche Gefährdungen von Bewohner müssen sicher ausgeschlossen werden
- Gefährliche Gegenstände in der Nähe des Betroffenen entfernen
- Es ist darauf zu achten, dass der Bewohner sich nicht willentlich oder versehentlich verletzen kann. Hier ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob z.B. bei einer Fixierung im Rollstuhl die Gefahr des Umstürzens besteht oder bei Anbringen von Bettgittern Schonbezüge notwendig sind.
- Die FeM muss dem Betroffenen so viel Freiheit wie möglich und so viel Fixierung wie nötig zukommen lassen.
- Fixiersysteme werden entsprechend der Bedienungsanleitung und aktuellen Herstellerangaben angebracht bzw. gelöst (Bedienungsanleitungen liegen im Wohnbereich und bei der PDL vor, Fortbildungen FeM finden regelmäßig statt, Informationen der Hersteller bzw. des BfarM werden zeitnah umgesetzt).
- Regelmäßige Kontrollen und Sichtkontrollen: Fixierung liegt korrekt an, es besteht keine Verletzungsgefahr für den Bewohner bzw. FeM enger/weiter eingestellt, Allgemeinbefinden Bewohner; ggf. Vitalzeichen kontrollieren, ggf. Bewohner beruhigen; alternative Maßnahmen anwenden
- Fremdgefährdung:
- Bewohner beruhigen. Insbesondere vertraute Personen können beim Beruhigen des Bewohners sehr hilfreich sein.
- Evtl. andere betroffene Bewohner aus dem Gefahrenbereich (z.B. aus dem Doppelzimmer) herausbringen bis sich die Situation beruhigt hat.
- FeM werden nur von Pflegefachkräften bzw. von autorisierten Pflegekräften vorgenommen.
Bei der Durchführung FeM Gurtfixierung ist Folgendes zusätzlich zu berücksichtigen:
- Fixiergurte müssen straff auf der Matratze aufliegen, zwischen Gurt und Betroffenem sollte nur so viel Platz sein, dass eine flache Hand dazwischen passt. Der Gurt darf jedoch nicht die Atmung des Betroffenen einschränken.
- Fixiergurte müssen immer mit den angenähten Seitenbefestigungen befestigt werden. Nur so kann verhindert werden, dass der Betroffene sich im Bett quer zur Körperachse dreht und somit eine Strangulation stattfinden kann.
- Bettseitenteile/Bettgitter müssen bei Anwendung von FeM immer durchgehend sein und hochgestellt werden.
- Bei Herzschrittmacherträgern muss ein Mindestabstand von zehn 10 cm zwischen Magnetschloss und Herzschrittmacher eingehalten werden, ansonsten kann es bei magnetempfindlichen Herzschrittmachern zur Auslösung von Tachykardien kommen.
- Sichere Ruhigstellungen werden v.a. durch die Verwendung von Drei- bzw. Fünf-Punkt Fixierungen erreicht.
- Eine Schulterhalterung oder ein Schrittgurt verhindert das Herausrutschen des Betroffenen aus dem Bauchgurt nach oben oder unten.
- Nur in Verbindung mit einem Bauchgurt dürfen Hand-/Fußfixierungen verwendet werden.
6. Einweisung nach PsychKG
Kriterien für die Einweisung nach PsychKG (Zwangseinweisung) sind:
- Es liegt eine psychische Erkrankung oder der Verdacht auf eine Erkrankung vor.
- Es liegen Hinweise für eine gegenwärtige Gefahr vor.
- Eine ärztliche Einweisung liegt vor.
- Infolge der psychischen Erkrankung steht ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevor.
- Der Eintritt eines schadensstiftenden Ereignisses ist unvorhersehbar, aber wegen
besonderer Umstände jederzeit zu erwarten.
- Die betroffene Person gefährdet die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich.
- Ablauf:
- Eine Einweisung nach PsychKG erfolgt nur über PDL bzw. eine von der PDL ermächtigte
- Person. Diese ruft Polizei/Ordnungsamt hinzu.
- Bewohner beruhigen. Insbesondere vertraute Personen können beim Beruhigen des
- Bewohners sehr hilfreich sein.
- Evtl. andere betroffene Bewohner aus dem Gefahrenbereich (z.B. aus dem Doppelzimmer)
- herausbringen bis sich die Situation beruhigt hat.
7. Kontinuität und Informationsfluss
Die FeM ist regelmäßig auf Notwendigkeit und Aktualität der Legitimation zu überprüfen:
- im täglichen Umgang: Mitarbeiter Pflege und Betreuung
- monatlich: anhand Monatsberichte (PFK, PDL)
- Grundsätzlich: Bei allen Angelegenheiten, die einen Bewohner mit FeM betreffen, ist die PDL unverzüglich zu informieren.
8. Dokumentation
|
Stufe im Pflegeprozess |
Formulare DAN |
Denke an! |
9. Literatur
- Leitlinie „Vermeidung von FEM in der beruflichen Altenpflege“ Uni Witten/Herdecke, 01/12, dazugehörige Unterlagen
- Musterdokumentation für stationäre Pflege MASGFF Mainz
- Eure Sorge fesselt mich Alternativen zu FeM, Bayrisches Staatsministerium für ASFF
- „Verantwortungsvoller Umgang mit FeM in der Pflege“, Leitfaden des Bayrischen Landespflegeausschusses, 11/06
- „Mehr Freiheit in der Pflege wagen“ Alternativen zu FeM, MSGFF Saarland, 08/15
|
Freigabe GF |
Geprüft ZHL |
Bearbeiter |
Version |
Datum |
Seite |
|
Frau Busch |
Herr Sauder |
QMB |
2.0 |
September 2018 |
Seite 11 von 11 |
