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Ziel
- Identifikation der Ursache für das herausfordernde Verhalten
- Reduzierung der Auslöser für und Minderung des herausfordernden Verhaltens
- Deeskalation bei herausforderndem Verhalten
- körperliche Unversehrtheit des Betroffenen
- körperliche Unversehrtheit der sozialen Umgebung des Betroffenen
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Definition
Der Begriff „herausforderndes Verhalten“ beschreibt Verhaltensweisen, die vom sozialenUmfeld als stark störend empfunden werden oder auch autoagressiver Natur sind.Typische herausfordernde Verhaltensweisen sind z.B.: Ständige Suche nach Zuwendung,Schlagen, Eindringen in fremde Räume, anhaltendes Schreien, inadäquates Entkleiden,Gefährdung durch Weglaufen.
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Verantwortlich
- Pflegedienstleitung: Monitoring, Begleitung der Pflegefachkräfte mittels Pflegevisite
- Pflegefachkräfte
- alle durchführenden Pflegekräfte
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Allgemeines
- Erstellung einer Bewohnerbiografie als Informationsgeber für mögliche Ursachen von herausforderndem Verhalten
- Durchführung eines Assessments für herausforderndes Verhalten oder Fallbesprechung um
- somatische Ursachen (z.B. Schmerz, Blutzuckerentgleisung, Nebenwirkung von Medikamenten) als Grund für das herausfordernde Verhalten auszuschließen.
- verstärkende und mildernde Faktoren zu erkennen.
- Traumata als Ursache zu erkennen.
- Hinweise auf eine möglichst optimale Anpassung der physikalische Umgebung (Akustik, Temperatur, Zimmerausstattung etc.) zu erhalten.
- Hinweise auf eine möglichst optimale Anpassung der sozialen Umgebung (Nähe-Distanz, Tagesstruktur, Geschlechterfrage, Sitzordnung am Tisch, Tischnachbar, Zimmernachbar etc.) zu erhalten.Folgende Verhaltensregeln sind häufig hilfreich:
- In der verbalen und non-verbale Kommunikation eine validierende Grundhaltung beachten.
- Kitwood beachten: „positive soziale Interaktionen“ anwenden und „personale Detraktionen“ vermeiden
- Teile das, was du verstehst, dem Bewohner mit und erkenne die Ressourcen
- Sprechen über aus der im Umgang mit dem Bewohner entstehenden Gefühle (Ängste, Wut, Ekel etc.) zum Beispiel im Team, bei Kolleginnen und Kollegen usw.
- dem Bewohner helfen, sein Gespräch zu strukturieren
- auch wenn der Inhalt der Äußerungen des Bewohners nicht zu verstehen ist, versuchen, die Emotionen des Betroffenen zu erfassen
- den Bewohner nicht ohne Vorabinformation berühren
- eventuell gleichgeschlechtliche Pflegeperson einsetzen ( kann deeskalierend wirken!)
- im Bedarfsfall respektieren, dass das Bedürfnis des Betroffenen nach Abgrenzung Vorrang hat vor Nähe, ggf. auch körperlich Abstand halten
- emotionale Botschaften werden besser verstanden als sachliche Botschaften
- Bedenke, dass geschlossene Fragen den Bewohner weniger überfordern als offene Fragen
- Bedenke das offene Fragen weniger einengend erlebt werden als geschlossene Fragen
- Grundsätzlich: den Betroffenen vor selbstverletzendem Verhalten oder andere Bewohner vor dem Betroffenen schützen durch:
- Nach Möglichkeit 1:1 Betreuung
- Anwendung von deeskalierenden Techniken
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Durchführung
Umgang mit Bewohnern, die fremdes Eigentum nutzen möchten
- Prüfen, welche Auslöser für das Verhalten in Frage kommen können, wie z.B.:
- Bedürfnis nach Kontakt und Nähe
- Bedürfnis nach Unterhaltung und Beschäftigung
- Verwirrtheitsähnlicher Zustand z.B. wegen Schmerzen, wegen Blutzuckerentgleisung oder anderer somatischer Ursachen
- ggf. Streit mit anderen Bewohnern
- Abhängig vom Auslöser bieten wir dem Bewohner geeignete Lösungen an, wie z.B.:
- Einzelbetreuung
- Gruppenbetreuung
- Schmerztherapie, ggf. Informationsweiterleitung an den Hausarzt
- deeskalierende Kommunikation
- Wenn möglich dem Bewohner erklären, warum er fremde Gegenstände oder fremde Räume nicht nutzen darf / sollte
- Mitbewohner bzw. deren Angehörige anbieten Wertgegenstände verschlossen aufzubewahren, wenn dies gewünscht ist
- Mitbewohner um Verständnis bittenUmgang mit unkontrolliertem Essverhalten
- Prüfen, welche Auslöser für das Verhalten in Frage kommen können, wie z.B.:
- fehlendes Sättigungsgefühl
- Angst zu verhungern (Trauma)
- Nebenwirkung von Medikamenten
- Der Bewohner wird ggf. beim Essen von Personal beaufsichtigt. Wenn sich der Bewohner von fremden Tellern bedienen möchte, eingreifen und den Mitbewohner schützen.
- Versuch, dem Bewohner zu verdeutlichen, dass er ausreichend zu essen bekommen wird.
- Prüfen, ob das Verhalten abhängig vom jeweiligen Tischnachbarn ist. ggf. wird die Tischgemeinschaft anpassenUmgang mit rufendem, schreiendem, klammerndem nachlaufendem Bewohner
- Prüfen, welche Auslöser für das Verhalten in Frage kommen, wie z.B.
- Schmerzzustände
- Bedürfnis nach bequemer Lage
- Langeweile
- Angst
- Harn- oder Stuhldrang
- Hunger/ Durst
- Lust auf eine Zigarette
- Verwechslung von Personen
- Möglichst Erfüllen der erkannten Bedürfnisse
- vermehrt körperliche Zuwendung geben insbesondere bei Angst oder Einsamkeit in Form von Berührungen, Massagen oder basale Stimulation
- vermehrt Angebot von Einzelbetreuungsmaßnahmen
- Einbindung des Bewohners in geeignete alltägliche Verrichtungen, wie z.B. dem Verteilen von Wäsche, Tischdecken, Wäschepflege oder einfache handwerkliche MaßnahmenUmgang mit hinlaufgefährdeten Bewohnern
- Deutet sich eine Weglaufgefährdung konkret an, erfolgt (z.B. per Fallbesprechung) eine Ursachenforschung unter der Fragestellung: Welches Bedürfnis versucht der Bewohner mit dem Weggehen zu erfüllen? Je nach Ergebnis versuchen, dem Bewohner Alternativen anzubieten.
- Beachte: VA Umgang mit Hinlauftendenz (QMH Kapitel D.1.11)Umgang mit Kotschmieren
- Es werden gegenüber dem Bewohner keine Vorwürfe geäußert
- Der Bewohner wird gewaschen, vor allem die Finger und die Fingernägel werden sorgfältig gesäubert
- Kleidung und Bettwäsche werden gewechselt
- Betroffene Oberflächen werden gereinigt und desinfiziert
- Es wird überprüft, in wie weit dem Bewohner ein Ersatzmaterial für den Stuhl angeboten werden kann. In Frage kommen z.B. stabile Gelkissen, Therapieknete, Kirschkernkissen. Diese Gegenstände werden dem Bewohner immer unter Beobachtung in die Hände gegeben.
- Beobachtung, zu welchen Tageszeiten und unter welchen Umständen das Kotschmieren auftritt
- Beobachtung auf Verhaltensauslöser mit dem Ziel mildernde Interventionsmöglichkeiten zu erkennenUmgang mit fremd- und selbstaggressivem Verhalten
- Prüfen, welche Auslöser für das Verhalten in Frage kommen können, wie z.B.:
- zu hohe soziale Dichte oder Streit mit anderen Bewohnern
- Schmerzen
- Langeweile oder Überforderung oder störende Geräusche
- Zeitliche Abhängigkeit des Verhaltens zu anderen Ereignissen, wie z.B. der ärztlichen Visite oder dem Besuch von Angehörigen?
- Grundsätzlich:
- Hausarzt und / oder Facharzt informieren
- Sorge tragen dafür, dass Mitbewohner durch das Verhalten nicht unnötig belästigt oder gar verletzt werden
- bei aggressivem Verhalten auf den Schutz Dritter und der eigenen Sicherheit achten
- Anwendung deeskalierender Techniken (wichtig: es wirkt deeskalierend, wenn die Pflegekraft dem Bewohner keine Vorwürfe macht)
- Sicherstellen, dass der Bewohner keinen Zugriff auf gefährliche Gegenstände hat
- ggf. nach Abwägung Angehörigen vorschlagen, einen geplanten Besuch zu verschiebenBei konkreter Eigen- und/ oder Fremdgefährdung Durchführung einer Einzelbetreuung nach folgenden Stufenplan durch:
- Stufe 1: permanenter Kontakt in Hörweite
- Stufe 2: permanenter Kontakt in Sichtweite
- Stufe 3: permanenter Kontakt im selben Raum über 30 Min. am Stück
- Stufe 4: permanenter Kontakt im selben Raum über 60 Min. am Stück
- Stufe 5: permanenter Kontakt im selben Raum über 2 Std. am Stück
- Stufe 6: permanenter Kontakt im selben Raum über 4 Std. am Stück
- Stufe 7: permanenter Kontakt im selben Raum über 24 Std. am StückNachbereitung und flankierende Maßnahmen
- Information und bei Bedarf Beratung von Angehörigen zum Umgang mit der individuellen Pflegesituation
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Dokumentation
- SIS
- Maßnahmenplanung
- Assessment Verhaltensauffälligkeiten
- Fallbesprechungsprotokoll
- Pflegebericht
- Formular Hinweise und Fragen an den Arzt
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Literatur
- BMG (Hrsg.) (2006): Rahmenempfehlungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz in der stationären Altenhilfe
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