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Pflege bei Suizidgefahr

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Ziel

  • ein Suizidversuch ist abgewendet bzw. vermieden
  • Hinweise auf suizidale Gedanken sind frühzeitig erkannt
  • das Verhalten in Notfallsituationen ist sach- und fachgerecht

Definition

  • Der Suizid (Selbsttötung/Freitod) ist das willentliche Selbsttötung durch beabsichtigtes Handeln oder absichtliches Unterlassen, z. B. lebenswichtige Medikamente, Nahrungsmittel oder Flüssigkeit nicht mehr zu sich zu nehmen.
  • Ein Suizidversuch kann zu einem akuten lebensbedrohlichen Zustand führen, bei dem die Vitalfunktionen des Bewohners gestört sind oder eine solche Störung unmittelbar droht (medizinische Notfallsituation).

Verantwortlichkeit

  • Einrichtungsleitung
  • Pflegedienstleitung
  • Wohnbereichsleitung
  • Pflegefachkraft & Pflegeassistent
  • Mitarbeiter Sozialer Dienst

Allgemeines

  • Der behandelnde Arzt ist immer mündlich und schriftlich über Anzeichen suizidaler Absichten zu informieren.
  • Der Betreuer bzw. die Angehörigen sind frühzeitig über vom Bewohner geäußerte suizidale Absichten zu informieren.
  • Die Versorgung des Bewohners in einer Notfallsituation ist immer von einer Pflegefachkraft zu übernehmen und zu steuern (siehe VA Verhalten in Notfallsituationen).
  • bei einem erfolgten Suizid(versuch) ist immer der Notarzt zu rufen.
  • bei Antreffen eines Bewohners nach erfolgtem Suizid(versuch) werden immer Maßnahmen zur 1. Hilfe eingeleitet. Die Sicherung des Tatortes ist zunächst zweitrangig und erfolgt durch die Polizei.
  • Warnsignale:
    • Antriebssteigerung bei weiter bestehender depressiver Verstimmung (Durch Medikamente)
    • plötzliche, unerklärliche Ruhe/Freude (präsuizidale Aufhellung)
    • Verfassen eines Testamentes
    • Verschenken von persönlichen Sachen
    • Sammeln von Medikamenten
    • Schuldvorwürfe oder Schuldwahn
    • Äußerungen bezüglich Sinnlosigkeit des Lebens
    • Reden über Tod/Suizid (insbesondere konkrete Vorstellungen/Pläne)
    • Reden über dränende Impulse, sich das Leben zu nehmen
    • Angabe von befehlenden Stimmen, die den Suizid befehlen

DurchführungAllgemeine Pflegemaßnahmen bei bekanntermaßen suizidalem Bewohner

  • Kontrolle bei Einzug des mitgebrachten Eigentums des Bewohners auf gefährdende Dinge (z.B. Medikamente, Gürtel, spitze/scharfe Gegenstände, Dinge, Glasfläschchen/Keramik); separate Verwahrung dieser (Auflistung und Lagerungsort auf Ergebnisprotokoll dokumentieren); Maßnahmen möglichst in Gegenwart/mit Einverständnis des Bewohners
  • Medikamentenmanagement durch Pflegefachkräfte, inkl. Einnahmeüberwachung
  • freundliche, warme Atmosphäre durch folgende Maßnahmen:
    • unterlassen jeder moralischer Wertung von Suizidgedanken, eines Suizidversuches oder Suizides
    • Gespräche immer validierend führen
    • dem Bewohner das Gefühl geben, ernst und angenommen zu werden
    • mehrfache Kontaktaufnahme mit dem Bewohner in einer Schicht (insbesondere die Bezugspflegekraft; dabei Gesprächsbereitschaft signalisieren/Gespräche anbieten
  • bei Gesprächsbereitschaft des Bewohners folgende Aspekte erfragen:
    • Was sind die Gründe für die Suizidabsichten?
    • Welche anderen Lösungswege als Suizid sind für den Bewohner denkbar oder können erarbeitet werden?
    • Wie können die alternativen Lösungswege beschritten werden?
  • Dokumentation zu Verlauf, Inhalt und Ergebnis der Gespräche, im Anschluss Führen einer Fallbesprechung inkl. Informationsweitergabe an beteiligte Berufsgruppen
  • Ermittlung biografischer Daten zu Vorlieben/Abneigungen/Gewohnheiten im Bereich Beschäftigung und soziale Kontakte
  • strukturgebende Maßnahmen, um die gedankliche Einengung des Bewohners auf den möglichen Suizid zu durchbrechen, z. B.:
    • der Bewohner übernimmt Aufgaben auf dem Wohnbereich (z.B. Tischdienst nach den Mahlzeiten, Blumendienst, etc.)
    • Angebot eines individuellen Beschäftigungsprogramms
    • sofern es den Bewohner nicht belastet, ermuntert das Pflegepersonal den Bewohner am "Weltgeschehen" teilzunehmen, d.h. Nachrichtensendungen zu sehen, die Tageszeitung zu lesen und bespricht Themen aus diesem Zusammenhang mit dem Bewohner
  • Risiko des sozialen Rückzugs/Isolation verringern bzw. aufzufangen
    • Förderung sozialer Kontakte (Gemeinschaftsaktivitäten)
    • der Bewohner nimmt die Mahlzeiten in Gemeinschaft ein
    • wenn möglich, sozialen Kontakte (Familie/Beziehungspersonen) außerhalb der Einrichtung fördern/zulassen
    • auf Wunsch Kontakt zu einem Geistlichen/Religionsgemeinschaft fördernZusätzliche Maßnahmen bei einer akuten Suizidalität
  • Bei einer akuten Suizidgefahr ist umgehend ein (Not-) Arzt hinzuzuziehen und der Bewohner bis zu dessen Eintreffen stets zu überwachen – ggf. ist die Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung erforderlich
  • Anwesenheit von (möglichst gleichgeschlechtlichem) Pflegekräften bei den Toilettengängen des Bewohners ist zu gewährleisten
  • die Pflegedienstleitung und/oder Einrichtungsleitung ist zu informierenMaßnahmen/Vorgehen nach erfolgtem Suizidversuch
  • Bewohnerbezogene Maßnahmen: siehe VA Umgang mit Notfallsituationen
  • Mitarbeiterbezogene Maßnahmen:
    • Einzelgespräch Krisenintervention mit involvierten Mitarbeitern durch ZHL/PDL
    • Reflexion des Sachverhalts im Rahmen einer Teambesprechung im Wohnbereich
    • ggf. Angebot zur Supervision / psychologische Betreuung des Pflegeteams
  • Maßnahmen zum Umgang mit Betreuer, Angehörigen/Bezugspersonen:
    • Information des Betreuers und ggf. nach vorliegender Zustimmung des Bewohners die Angehörige/Bezugsperson
    • Gesprächsangebot an Angehörige/Bezugsperson durch ZHL, PDL bzw. WBL
    • ggf. Vermittlung psychologischer BetreuungMaßnahmen/Vorgehen nach erfolgtem Suizid
  • siehe VA Umgang mit Notfallsituationen
  • Polizei nach Absprache mit Rettungsleitstelle informieren
  • Mitarbeiterbezogene Maßnahmen siehe oben
  • Maßnahmen zum Umgang mit Angehörigen/Bezugspersonen:
    • Information der Angehörigen/Bezugspersonen in Absprache mit ermittelnden Behörden
    • Gesprächsangebot an Angehörige/Bezugspersonen durch ZHL, PDL bzw. WBL

Dokumentation

  • Pflegebericht
  • Formular Hinweise und Fragen an den Arzt
  • SIS & Maßnahmenplanung
  • ggf. Fallbesprechungsprotokoll

Literatur

  • Menche, N., et al (2014): Pflege Heute. Lehrbuch für Pflegeberufe, 6. vollständig überarbeitete Auflage, München: Urban und Fischer
  • Schädle-Deininger, H. (1996): Praktische Psychiatrische Pflege, Psychiatrie Verlag
  • Strafgesetzbuch § 321c