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Hinlauftendenz

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Ziel

  • Die Hinlauftendenzen des Bewohners sind gelenkt und begleitet
  • Freiheitbeschränkende Maßnahmen werden vermieden
  • Kompensation von Unruhe in alternative motorische Aktivitäten
  • Minimierung von (unbeabsichtigtem) selbst- und fremdgefährdendem Handeln
  • Vermisste Bewohner werden schnellstmöglich aufgefunden, unter Nutzung aller notwendigen Ressourcen
  • Gefahren für den Bewohner sind abgewendet und kalkulierbar

Definition

Infolge von Orientierungs- und Gedächtnisstörungen kann es zur Hinlauftendenz kommen. Wegen der fehlenden Einschätzungsfähigkeit zur Eigenfährdung, kann der Bewohner zu Schaden kommen. Besonders neu eingezogene Bewohner neigen zu Hinlauftendenz, da sie in ihr gewohntes Umfeld zurück wollen.

Verantwortlich

  • Einrichtungsleitung
  • Pflegedienstleitung
  • Schichtleitung

Allgemeines

  • Hinlauftendenzen rechtfertigen keine freiheitsentziehenden Maßnahmen
  • Bei der Suche werden alle Ressourcen genutzt d.h. alle im Dienst befindlichen Mitarbeiter wirken an der Suche mit im Rahmen der Vorgabe des Mitarbeiters, der die Suche des Bewohners koordiniert.
  • Eine adäquate Versorgung der übrigen Bewohner ist zu jeder Zeit sicherzustellen.
  • Es ist sicherzustellen, dass alle Räume innerhalb der Einrichtung abgesucht wurden

Durchführung

Vorbereitung

Empfehlung: Bereitstellung eines separaten Ordners/Hefters mit Verfahrensanweisung, Geschossplänen o.ä., Vermisstenanzeige zur Vorbereitung einer möglichen Suchaktion

Empfehlung: Es ist im Rahmen der Implementierung dieser Verfahrensanweisung zu empfehlen eine Suchaktion unangekündigt zu simulieren (z.B. durch Platzieren eines markanten Gegenstands anstelle des vermissten Bewohners)


Durchführung

1. bei Hinlauftendenzen

Erkennung von Hinlauftendenzen

  • Beobachtung und Bewertung von Äußerungen und Verhalten des Bewohners
  • Einschätzung des Risikos vornehmen: Kann der Bewohner den Zielort erreichen ohne sich selbst oder andere zu gefährden? (z. B. Straßenverkehr, Überquerung der Straße)
  • Ursachenforschung: was könnte den Bewohner bewegen, weg- bzw. hinzulaufen? Will er nach Hause? Was könnte sein Ziel sein? – hierzu Fallbesprechung durchführen und nach Lösungen suchen, Angehörige und Bezugspersonen dabei einbeziehen
  • Bewohner befragen nach Hinlaufzielen, ggf. Fremdanamnese z.B. durch Befragung von Angehörigen und Bezugspersonen
  • Biografische Daten sammeln & anhand der biografischen Erkenntnisse ggf. persönliches Umfeld umgestalten
  • Integration in die Maßnahmenplanung
  • Betreuer und Angehörige werden über Hinlauftendenzen nachweislich informiert(Gesprächsprotokoll anfertigen)
  • Der Arzt wird über Hinlauftendenzen des Bewohners nachweislich informiert


Betreuung & Beschäftigung

  • während des Tages ist das Personal immer sicht- und hörbar
  • regelmäßig Kontakt mit Bezugspersonen (Bezugspflegekraft, diensthabende Pflegekraft) herstellen
  • Maßnahmen zur Beaufsichtigung innerhalb von Fallbesprechungen beraten und nachvollziehbar vereinbaren sowie deren Durchführung nachvollziehbar dokumentieren (bei Besonderheiten Eintrag im Pflegebericht)
  • Gespräche und geeignete Aktivitäten innerhalb und außerhalb der Einrichtung anbieten
  • tages- und wochenstrukturierende Maßnahmen anbieten
  • eine vertraute Atmosphäre im Bewohnerzimmer und in den Gemeinschaftsräumen schaffen


präventive Vorsichtsmaßnahmen

  • täglich die Kleidung des Bewohners dokumentieren
  • aktuelles Foto bereit halten (es muss erkennbar sein, wie der Bewohner heutzutage aussieht) und Personenbeschreibung in der Dokumentation hinterlegen
  • Veränderungen dokumentieren bei selbst- und fremdgefährdendem Verhalten
  • Bei Vorkommnissen (z.B. unbemerktes Entfernen des Bewohners vom Wohnbereich) nachweisliche Information des Betreuers bzw. der Angehörigen (FO Gesprächsprotokoll)
  • Prüfung der Voraussetzungen für die Anwendung eines Transponders oder anderer infrage kommender Sicherheitsvorkehrungen, die das unbemerkte Entfernen vom Wohnbereich melden (Betreuer und Angehörige nachweislich einbeziehen)


2. bei vermisstem Bewohner

Erstmaßnahmen

  • Uhrzeit notieren und alle Räume des Wohnbereiches durchsuchen
  • Information an alle Schichtleitungen auf den anderen Wohnbereichen, PDL, EL, Verwaltung
  • Information des Betreuers


Ursachenforschung

  • Was könnte den Bewohner bewegt haben wegzulaufen?
  • Will er eventuell nach Hause?
  • Was könnte sein Ziel sein?
  • Gibt es Lieblingsorte oder Plätze?
  • Einbezug von biografischen Erkenntnissen


Koordinierte Suchaktion

  • es beginnt eine koordinierte Suche (sobald der Bewohner als vermisst gilt)
  • Koordination übernimmt die zuständige Schichtleitung, wenn anwesend PDL oder EL
  • Vorgehen:
    • Klärung des letzten Kontaktes zum Vermissten: Wer? (Mitarbeiter) Wann? (Uhrzeit) Wo? (Garten, Hausgemeinschaft, Etage, Zimmer)
    • Festlegen und Dokumentieren von festen Uhrzeiten (z.B. Start Suchaktion 15:00 Uhr, Ende Suchaktion 16:00 Uhr), Sicherstellen, dass alle zur gleichen Zeit suchen
    • Nutzen von Kopien der Gebäudepläne wenn vorhanden, ggf. Notfallpläne, Raumverzeichnis oder Blankoblatt  kontrollierte Räume im Gebäudeplan abhaken, s. unten
    • alle an der Suche beteiligten Mitarbeiter (ggf. auch Mitarbeiter der Wirtschaftsbereiche) erhalten festgelegte Suchbereiche innerhalb der Einrichtung durch den Koordinator, sowie in der näheren Umgebung
    • Integriert in die Suche werden auch:
      • alle Etagen, alle Bewohnerzimmer inkl. Bäder und Schränke
      • gewohnte Rückzugsbereiche
      • alle Dienstzimmer, Bäder, Abstellräume, Kammern, Büroräume, Arbeitsräume und sonstige Räume
      • Keller inkl. aller Räume, Dachgeschoss
      • Küche, vorzugsweise das Küchenpersonal involvieren/ integrieren
      • Treppenhaus, Notausgänge
      • Außenbereich, Garten, Gartenhäuser, Garagen und sonstige auf dem Gelände befindlichen Gebäude nähere Umgebung (Bushaltestellen, Einkaufsmöglichkeiten u.a. was nach der Biografie ein Ziel sein könnte)
    • die festgelegten Bereiche werden, wie oben genannt, dokumentiert
    • jeder Suchende gibt dem Koordinator ein Feedback direkt nach erfolgter Suche
    • alle Bereiche/Räume werden nach erfolgter Suche auf dem jeweiligen Plan mit einer „1“ markiert
    • sicher durchsuchte Nebenräume können jetzt, für den Zeitraum der Suchaktion, abgeschlossen und an der weiteren Suche ausgeschlossen werden

weitere Maßnahmen:

  • Wenn die vermisste Person nach der ersten Suchaktion nicht gefunden werden konnte, sind folgende Schritte einzuleiten:
    • Informationskette: EL & PDL
      • Polizei benachrichtigen: Verwendung des FO Vermisstenanzeige
      • Übergabe eines Fotos des Bewohners, Information über Kleidung, körperliche Besonderheiten, Haarfarbe/ Frisur, verwendete Hilfsmittel (Gehstock, Rollator, Rollstuhl)
      • Polizei über bereits durchgeführte Maßnahmen informieren
    • Angehörige, gesetzliche Betreuer informieren
  • nach 3-6h wird eine zweite Suchaktion gestartet
    • gleiches Vorgehen wie bei der schon erfolgten Suchaktion
    • auf den Plänen wird nun, nach erfolgter Suche, eine „2“ eingetragen
    • das Zeitintervall ist von der koordinierenden Person festzulegen
      • dabei sind folgende Aspekte zu beachten
      • Außentemperaturen/ Witterung (z.B. kürzeres Intervall bei über 25°C oder unter 5°C)
      • Erkrankungen/ allg. Gesundheitsstatus (z.B. Diabetes)
  • wird der Vermisste nicht gefunden, werden alle 3-6h weitere Suchaktionen gestartet (bzw. verkürzte Zeitintervalle bei oben genannten Aspekten)
    • dabei wird jeweils die fortlaufende Nummer auf den Gebäudeplänen notiert
    • der Koordinator stellt sicher, dass alle Bereiche / Räume bei jeder Suche gesehen wurden
    • Dieses Vorgehen gilt bis auf Widerruf durch die Polizei gegenüber der EL durchgeführt
  • Bei notwendigem Schichtwechsel ist eine schriftliche Übergabe zwischen beiden Koordinatoren inkl. aller bisher verwendeten Dokumente sicherzustellen
  • bei Auffinden des Vermissten werden alle Suchaktionen abgeschlossen
    • Information an alle Suchenden, WBL, PDL, EL
    • Information von Angehörigen/ Betreuer
    • Information an Polizei
    • Begutachtung des Gefundenen u.a. Vitalzeichen, Wundstatus, allg. Gesundheits-zustand, Allgemeinbefinden, Mangelernährungs- und Dehydrationsrisiko?


Nachbereitung

  • Reflektion der Suchaktion
  • Fallbesprechung

Dokumentation

  • SIS
  • Maßnahmenplan
  • Pflegebericht
  • Fallbesprechungsprotokoll
  • Vermisstenanzeige
  • Gesprächsprotokoll
  • Formular Information und Fragen an den Arzt

Literatur

  • Eigene Darstellung: das Vorgehen ist abgeleitet aus unterschiedlichen Empfehlungen von Heimaufsichtsbehörden bundesweit